Saarlandbotschafterveranstaltung mit Schwester Dr. Lea Ackermann

Lesen Sie hier den Bericht zur Saarlandbotschafterveranstaltung mit Schwester Dr. Lea Ackermann vom 8. Februar 2012 zum Thema „Leben in Freiheit – über mutige Frauen und ihre Flucht aus Gewalt und moderner Sklaverei“.

Herr Michael Hartz, Vorstand der SHS Foundation, begrüßt die Zuhörer und die Referentin Saarlandbotschafterin Sr. Dr. Lea Ackermann.

Als Einführung in die Thematik zeigt das Theater im Viertel ein kurzes Theaterstück.

Frau Sr. Dr. Ackermann berichtet, wie sie ihre Aufgabe als katholische Ordensschwester nach Ruanda und Kenia geführt hat. Die dortige Begegnung mit der Armut und Not von Frauen und Kindern hat sie dazu veranlasst, selbst tätig zu werden und 1985 die Organisation SOLWODI (Solidarity with women in distress) zu gründen. Auf der UN-Weltfrauenkonferenz 1985 in Kenia begegnete ihr die Idee des „Empowerment“. Frau Sr. Dr. Ackermann ist davon überzeugt, dass man diejenigen, denen es schlecht geht, ermächtigen muss, selber für ihre Rechte einzustehen. Die Wünsche der Konferenz „Die Hälfte des Himmels den Frauen“, „Die Hälfte der Erde den Frauen“ und „Die Hälfte der Macht den Frauen“ sind, mit Ausnahme der ersten Forderung, auch heute noch aktuelle Themen.

Um den Frauen wirksam zu helfen, knüpft Sr. Dr. Ackermann deren Träume, z.B. nach Schulbildung, an. Eines ihrer Projekte bestand darin, älteren Frauen aus der Prostitution, Frauen ohne Schulbildung und Ausbildung durch die Herstellung und den Verkauf von Sandalen ein kleines Einkommen zu ermöglichen.

Weiterhin hat sie sich das Thema Kinder von Frauen in der Prostitution zu Eigen gemacht und 2002 die Gesellschaft SOLGIDI (Solidarity with girls in distress) gegründet, die Mädchen zwischen 4 und 14 Jahren hilft, eine Schul- und Ausbildung zu erlangen. Das Projekt erweist sich als großer Erfolg. Im Jahr 2011 konnten bereits 18 Mädchen das Abitur ablegen.

Mit dem Projekt COGICI (Concerns for the girl child), das gemeinsam mit einer Schweizer Universität ins Leben gerufen wurde, konnten im Jahr 2011 sechs Schulen in Westkenia mit Brunnen ausgestattet werden und so den für das Wasserholen zuständigen Mädchen ein Schulbesuch ermöglicht werden.

Für Mädchen, die seit ihrer Kindheit in der Prostitution sind, hat Sr. Dr. Ackermann das SOLASA (Solwodi Ladies Soccer Association) Fußball-Projekt gegründet, um ihnen ein Stück der verlorenen Kindheit zurück zu geben. Mittlerweile spielen zahlreiche Frauen in der Frauennationalliga. Der DFB unterstützt das Projekt, indem er jährlich zwei Spielerinnen zu einem internationalen Trainingsseminar einlädt.

In Ruanda leistet SOLWODI Hilfe für Waisenkinder und Witwen, indem beispielsweise das Schulgeld für Waisenkinder übernommen wird.

In Deutschland betreibt SOLWODI eigene Arbeitskreise und Kontaktstellen über die im Jahr 2011 1.500 Frauen aus 103 verschiedenen Ländern im Erstkontakt erreicht werden konnten. Weiterhin existiert eine Beratungsstelle in Rumänien.
Frau Sr. Dr. Ackermann ist es wichtig zu vermitteln, dass man an der Situation der Frauen etwas verändern kann und nicht angesichts des Elends resigniert.

RTL hat mit Solwodi Mitarbeiterin Grace Odembo in Mombasa/Kenia eine Dokumentation zum Thema Kinderprostitution gedreht.

Aus ihrem neuen Buch „In Freiheit leben, das war lange nur ein Traum“ berichtet sie von Frauen, die dem Mut haben, ihre ganze Geschichte zu erzählen. Die vorgestellten Fallbeispiele umfassen die Thematiken Zwangsprostitution, Zwangsheirat und Ehrenmorde. Insbesondere weist Sr. Dr. Ackermann darauf hin, dass diese gravierenden Probleme auch in Deutschland anzutreffen sind und die Frauen, die sich daraus befreien konnten, eine Bereicherung für unser Land darstellen.

Fragen:

Eine Zuhörerin fragt nach der finanziellen Ausstattung der Projekte.

Sr. Dr. Ackermann beschreibt die Akquisition finanzieller Mittel als ständigen Kampf. Die Beratungsstellen erhalten Zuschüsse von den jeweiligen Landesregierungen und den Kirchen. 36 % der Mittel kommen aus Spenden und von Mitgliedern des Freundeskreises. Viermal jährlich wird ein kostenloser Rundbrief mit Informationen über die neuesten Projekte an über 1.500 Abonnenten versendet, um so die Dringlichkeit der Anliegen bei den Interessenten wach zu halten. Wer Interesse am Bezug des Rundschreibens hat, kann dieses auf der Internetseite www.solwodi.de abonnieren.

Eine Teilnehmerin erkundigt sich, ob es über die Betreuung der Einzelschicksale hinaus möglich ist, auch politisch etwas in den Ländern zu verändern.

Die Referentin antwortet, dass sich kein Land nur aufgrund einer Perspektive ändert. Die wichtigste Grundlage sei die Schulbildung, da diese die Ausbeutung der Frauen verhindert. Zusätzlich gibt es noch ein Zusammenwirken mit den deutschen Botschaften. Das Alleinstellungsmerkmal von SOLWODI sei, an einer Ecke anzufangen, um so mit kleinen Schritten etwas zu verändern. Dabei sind sie auch im Gespräch mit politischen Vereinen und Initiativen in Kenia und betreiben als NGO Lobbyarbeit.

Ein Zuhörer möchte wissen, ob für die gut ausgebildeten Frauen und Mädchen Arbeitsplätze existieren.

Sr. Dr. Ackermann bestätigt dies.

Ein Teilnehmer erkundigt sich, woran es liegt, dass Kinder in die Prostitution geraten und die familiäre Schutzfunktion versagt.

Die Referentin antwortet, dass Familien aus wirtschaftlicher Not heraus zerstört werden und dann ihre Schutzfunktion nicht mehr wahrnehmen können. Insbesondere werden die Familien auseinandergerissen, wenn die Mütter und Väter zum Arbeiten in die großen Städte zögen. Insgesamt funktionieren die Familien besser auf dem Land als in der Großstadt.

Eine Lehrerin aus Saarbrücken berichtet an einem Fallbeispiel, dass es Probleme mit Zwangsprostitution und den Folgen für die Kinder auch vor unserer Haustür gibt. Sie appelliert an die Zuhörer, dass es sich lohnt hinzusehen und für die Kinder zu kämpfen.

Ein Teilnehmer erkundigt sich, wie viel Prozent der Projekte nicht durchgehalten werden konnten.

Sr. Dr. Ackermann antwortet, dass sie ausschließlich auf die Erfolge sieht. Wenn durch ihre Arbeit nur einem Menschen geholfen werden kann, dann hat sich der Einsatz bereits gelohnt. Bezogen auf die Situation in Mombasa sagt die Referentin, dass die dort angestoßenen Projekte mit großem Erfolg weitergeführt werden, auch wenn sie selbst nicht permanent als Supervisor vor Ort sei.

Herr Hartz bedankt sich bei der Referentin für deren Vortrag und weist auf die Möglichkeit hin, das neue Buch „In Freiheit leben, das war lange nur ein Traum“ von Sr. Dr. Ackermann vor Ort signieren zu lassen.

Das Video zur Veranstaltung können Sie sich hier anschauen.

Die Bilder finden Sie hier.